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Chemie für Quereinsteiger - Band 2 - Strukturen der Metalle und Legierungen - Verknüpfung unterschiedlicher Metall-Atome
5.2.5 Beschreibung der Legierungen durch Symbole

Wenn man sich mit den gleichen Materialien beschäftigt, ist es mühsam, jedesmal im Gespräch oder auf dem Papier zur Information einer Substanz die gesamte, exakte Angabe über Struktur und Unterscheidungsmerkmale zu machen. In gewisser Beziehung sind bereits Namen wie Austenit oder Martensit solche Symbole. Will man jedoch chemische Symbole für Teilchenumgruppierungen einsetzen, hat dies nur einen Sinn, wenn man die Struktur bereits kennt: ohne diese Strukturkenntnis kann man keine Teilchenumgruppierung verfolgen. Nun ist es aber unmöglich, aus der großen Vielfalt von möglichen Legierungen, jedem Mischkristall einen eigenen Namen zu geben. Deshalb hat sich für Informationszwecke ein Formalismus durchgesetzt, der eine Substanz symbolisch etwas genauer beschreibt als der reine Name.

Zur Bildung dieses Substanzsymbols werden die Atomsymbole der Atome nebeneinander angegeben, aus denen die Substanz zusammengesetzt ist. Das ist bei Kupfer-Nickel-Mischkristallen beispielsweise das Symbol CuNi. Es sagt aber ohne weitere Zusatzangaben nichts darüber aus, welcher Mischkristall aus der gesamten, lückenlosen Reihe gemeint ist. Daher wird in das Symbol das Anzahlenverhältnis, in dem die Atome im Kristall vorhanden sind, mit aufgenommen.

Es gibt natürlich mehrere Möglichkeiten, die entsprechenden Zahlen an das Buchstabensymbol anzukoppeln. Nehmen wir als Beispiel einen Mischkristall mit 30 Atom% Kupfer und 70 Atom% Nickel. Das einfachste ist, diese Zahlen direkt hinter dem Teilchensymbol anzugeben: Cu30Ni70. Man könnte die Zahlen selbstverständlich auch voranstellen oder sich etwas anderes ausdenken. Derjenige, der informiert werden soll, muß auf jeden Fall das Informationssystem kennen.

Für Symbole der Stahlwerkstoffe ist es üblich, solche Zahlen direkt nachzustellen. Allerdings werden die Zahlen in Massenprozent angegeben und obendrein verschlüsselt. Als Beispiel für diese Art der Symbolbildung sei ein Stahl mit relativ wenig Legierungsbestandteilen gewählt. Die beliebig gewählte Zusammensetzung soll sein:

a Metall Fe C Cr Mo
  Massen % 96,65 0,10 2,25 1,00



Die Kennzeichnung könnte in einer Zeile formuliert werden, wobei die oben angegebene Reihenfolge der Bestandteile abgesprochen werden müßte. Man erhält eine offensichtlich wenig übersichtliche Information:

(b) Fe 95,65; C 0,10; Cr 2,25; Mo 1,00.

Daher wird eine Vereinfachung gewünscht, die aber gleichzeitig als Verschlüsselung wirkt. Es wird die Kenntnis vorausgesetzt, daß Stahl Eisen und Kohlenstoff enthält und daß alle Prozentangaben zusammengenommen 100 ergeben. Folglich kann man die Prozentangabe einer Teilchensorte entbehren und sie im Bedarfsfall selbst ausrechnen. Man läßt nun die längste und größte Prozentangabe weg - in unserem Fall die des Eisens.Dadurch sieht dann die Information so aus:

(c) C 0,10; Cr 2,25; Mo 1,00.


Das ist zwar übersichtlicher, aber in der Praxis immer noch nicht bequem genug handhabbar, die Kommazahlen sind beispielsweise lästig. Sie können dadurch zum Verschwinden gebracht werden, daß sie mit einer größeren Zahl multipliziert werden. Nun sind in diesen niedriglegierten Stählen die Bestandteile immer in ähnlichen Mengen vorhanden. Deshalb ist es möglich, jeder Teilchensorte eine Zahl zuzuordnen, mit der der Massengehalt multipliziert wird. Teilchenarten, die meistens nur in geringen Mengen vorhanden sind, erhalten eine hohe Zahl, Teilchenarten in größeren Mengen eine niedrigere Zahl zur Multiplikation. Die Zahlen enthält Tabelle 5.16.

Wenden wir diese Faktoren an, dann verschwinden die Dezimalbrüche. Stellt man den Gehalt an Kohlenstoff voraus und alle Zahlen für die Legierungsbestandteile in der entsprechenden Reihenfolge hinter die entsprechenden Atomsymbole, dann erhalten wir folgendes Substanzsymbol:

(d) 10CrMo 9 10


Abb. 3.13

Tabelle 5.16: Legierungskennzahlen bzw. Multiplikationsfaktoren für die wichtigsten Elemente bei niedriglegierten Stählen

Zugegebenermaßen ist das Symbol (d) handlicher als das Symbol (b). Es ist aber nicht mehr für jeden lesbar, nicht jeder kann die Information (a) daraus sofort wieder abrufen - die Information (a) dagegen ist jedem Durchschnittsbürger zugänglich. Die Wahl des Informationssymbols ist deshalb so zu treffen, daß der zu Informierende die Information versteht.

Nun wieder zurück zu unserem Cu/Ni-Mischkristall, zur Information Cu30Ni70. In diesem Fall dienen die Zahlen zur Angabe von Atomprozent: Die Zahl 30 symbolisiert 30 Atom% Kupfer und gehört zum Symbol Cu.

Es ist allerdings international üblich, diese Zahlen rechts unten an das Atomsymbol zu schreiben, in unserem Fall also Cu30Ni70. Dieses Symbol kann jeder Europäer aus einem chinesischen Chemiebuch lesen und verstehen, obwohl er vielleicht sonst kein einziges Schriftzeichen lesen kann. Ebenfalls kann ein Japaner in einem europäischen Chemiebuch diese Information aufnehmen, auch wenn er die europäische Sprache nicht beherrscht.

Die Information Cu30 Ni70 kann allerdings beliebig abgewandelt werden, solange das Teilchenverhältnis erhalten bleibt, denn die Zahlen 30 und 70 sind eigentlich nur willkürlich herausgegriffen. Möglich sind beispielsweise auch folgende Symbole: Cu300 Ni700; Cu60 Ni140; Cu3 Ni7; Cu0,3 Ni0,7; Cu1 Ni2,33; CuNi2,33.

Im allgemeinen verwendet man übersichtshalber die kleinsten ganzen Zahlen - soweit es zweckmäßig ist, sind aber auch Symbole mit Dezimalbrüchen möglich. Zu beachten ist, daß die Zahl 1 oft weggelassen wird: Wenn also am Atomsymbol rechts unten keine Zahl steht, ist die Zahl 1 gemeint.

Allerdings geht aus dem Symbol Cu3 Ni7 nur hervor, daß Kupfer- und Nickel-Teilchen im angegebenen Verhältnis zusammengesetzt sind. Daß es sich dabei um einen Substitutionsmischkristall mit kubisch flächenzentriertem Gitter handelt, darüber sagt das Symbol nichts aus. Auf bestimmte Weise kann man ein Konzentrationsband mit chemischen Symbolen versehen und damit Strukturinformationen verknüpfen. Entsprechende Beispiele sind der Abbildung 5.81 zu entnehmen.



Abb. 3.13

Abbildung 5.81: Chemische Symbole für verschiedene Mischkristalle

Ableitung eines chemischen Symbols aus der Lückenfüllung eines Einlagerungsmischkristalls. Bei vollständiger Füllung aller oktaedrischer Lücken in einer dichtesten Kugelpackung ist das Verhältnis der die Packung aufbauenden zu den eingelagerten Teilchen 1 : 1, es liegen 50 Atom% eingelagerter Teilchen vor. Bezeichnen wir das Metall-Teilchen mit M und das eingelagerte Teilchen mit X, dann lautet das chemische Symbol M50 X50 bzw. MX.

Es sei ausdrücklich darauf hingewiesen, daß auf diese Weise ein chemisches Symbol aus der Struktur abgeleitet wird, daß aber vom chemischen Symbol aus nicht auf die Struktur zurückgeschlossen werden kann: Das chemische Symbol gibt nur das Zahlenverhältnis der Teilchen an, nicht die Bauweise.

Legierungen, die eine 100%ige Füllung der Oktaederlücken aufweisen, erhalten demnach folgende chemischen Symbole:

CrN VC TiC
MoN NbC TiN
WC TaC VN


Beispiele mit 50 %iger Lückenfüllung, also mit einem Atomanzahlenverhältnis 2 : 1, ergeben folgende Symbole:

Cr2N Fe2 N Ti2N
Mo2N V2C  


Beträgt die Lückenfüllung nur 25 %, so resultiert das Atomanzahlenverhältnis 4 : 1 und die Symbole lauten:

Fe4N Cr4C  
     

Bei der Besetzung von Tetraederlücken leiten sich die chemischen Symbole entsprechend ab: Bei einer Lückenfüllung von 100 % lautet das Atomanzahlenverhältnis 1 : 2:

TiH2 ZrH2 HfH2


Bei der Lückenfüllung 50 % lautet das Verhältnis 1 : 1:

TiH

Es folgt ein Beispiel zur Substitution an einer kubisch dichtesten Kugelpackung und gleichzeitiger Einlagerung in alle Oktaederlücken. In einem Tantalgitter werden 20 Atom% durch Zirkon ersetzt und alle Oktaederlücken mit C-Atomen gefüllt. Geht man von 100 Atomen in dichtester Packung aus, so lautet das Symbol: Ta80Zr20C100 oder Ta4ZrC5.

Wie bereits erwähnt, kann man aus dem chemischen Symbol die Struktur der Substanz nicht entnehmen. Es lassen sich nur Analogieschlüsse und Vermutungen anstellen, wenn man fremden chemischen Symbolen begegnet, z. B

LaCu4NiH4,94 Ti2NiH2,5
LaNi5H7 CaNi5H3

Bei entsprechender Kenntnis von Legierungen und deren Beschreibungsweisen liegt die Vermutung nahe, daß es sich bei den angegebenen Substanzen um Mischkristalle oder Intermetallische Phasen handelt, in deren Lücken H-Atome eingelagert sind. Das trifft auch zu. Die vollwertige Strukturinformation findet man dann nur in der Spezialliteratur.

Wenn drei und mehr Teilchenarten einen Kristall aufbauen, benötigt man zur Beschreibung in bestimmten Fällen einen kleinen Zusatz für das chemische Symbol. Nehmen wir an, zwei Teilchenarten bauen eine Intermetallische Phase auf, z. B. Ti- und Fe-Atome. Sie bilden ein kubisch raumzentriertes Gitter, wobei jedes Ti-Atom von 4 Fe-Atomen und jedes Fe-Atom von 4 Ti-Atomen umgeben ist. Dadurch entsteht ein Teilchenverhältnis 1 : 1 und das chemische Symbol lautet TiFe.

Wenn wir nun in diesem Kristall beliebig Fe-Atome gegen Ni-Atome austauschen wollen, nicht aber Ti-Atome, dann muß die Summe der Fe- und Ni-Atome immer gleich groß sein: Die Anzahl der Fe- und Ni-Atome zusammen muß genau so groß sein wie die Anzahl der Ti-Atome. Das chemische Symbol könnte dann z. B. so aussehen:

Ti100 Fe100-x Nix

Eine Variation für x = 40 ist dann

Ti100 Fe60 Ni40.

Insofern können wir das chemische Symbol auch schreiben:

TiFe1-x Nix

Zur besseren Übersicht wird häufig das austauschbare Atompaar eingeklammert:

Ti(Fe1-x Nix)

Für den Kenner kann man die Indices in der Klammer auch weglassen. Wenn im chemischen Symbol die beiden Teilchensorten eingeklammert und durch ein Komma getrennt sind, dann weiß der Fachmann, daß diese beiden Teilchenarten in der vorliegenden Substanz beliebig gegeneinander substituiert werden können:

Ti (Fe, Ni)

Liest man das Symbol (Ti, Zr) CrMn so erkennt man, daß in der Substanz immer die gleiche Anzahl von Cr-Atomen und Mn-Atomen, womöglich auch von Ti-Atomen vorhanden ist. Das Teilchenverhältnis von Ti : Cr : Mn ist 1 : 1 : 1. Die Ti-Atome können aber beliebig gegen Zr-Atome ausgetauscht werden, so daß, genauer ausgedrückt, für das Atomanzahlenverhältnis gilt:

(Ti + Zr) : Cr : Mn   =   1 : 1 : 1

Ableitung eines chemischen Symbols direkt durch Abzählen der Teilchen im Gitter. Im Wesentlichen informieren die bisher genannten chemischen Symbole über die Teilchen und das Anzahlenverhältnis, in dem sie im Kristall angeordnet sind. Wir nennen sie daher, weil die Summe aller Teilchenarten genannt ist, "Summensymbole" oder "Summenformeln", im Gegensatz zu den Struktursymbolen, die etwas über die Struktur aussagen. Für Kristalle sind Summen- und Strukturinformationen kombiniert, wenn man die Elementarzelle zugrunde legt. Ihr ist neben den Strukturinformationen das Teilchenanzahlenverhältnis durch Abzählen zu entnehmen, auf diesem Wege das Summensymbol zu finden.


Abb. 3.13



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