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Chemie für Quereinsteiger - Band 2 - Strukturen der Metalle und Legierungen - Verknüpfung unterschiedlicher Metall-Atome
5.2.4 Allgemeine Eigenschaften von Legierungen

Wie bereits bei den reinen Metallen erörtert, hängen mechanische Eigenschaften wie Härte, Zähigkeit oder plastische Verformbarkeit davon ab, inwieweit Teilchen und ganze Flächen von Teilchen "rollend" im Kristall getrennt oder verschoben werden können.

Man benötigt eine bestimmte Kraft, um ein Teilchen aus seinem umgebenden Teilchenverband herauszulösen. In einem Kristall sind die Teilchen durch die Wärmeschwingung ständig in Bewegung, eine kleine zusätzliche Auslenkung des Teilchens in einer bestimmten Richtung benötigt nur eine kleine Kraft. Je weiter man das Teilchen aber aus dem Verband herauslösen will, desto kräftiger muß man ziehen. Der Effekt erinnert an ein Gummiband, oder an einen Bogen zum Pfeilschießen. Je weiter man das Band oder den Bogen auslenkt, desto mehr Kraft muß man aufwenden; bei gleichem Kraftaufwand wird die gewonnene Wegstrecke immer kleiner. Plötzlich wird das Gummiband aber reißen, der Bogen brechen, "das Teilchen herausgerissen". Die Fähigkeit, daß sich die Teilchen "wie an Gummibändern verbunden" verhalten, ergibt die elastische Eigenschaft des Kristalls.

Ein Kupferstab läßt sich etwas biegen (nicht abbiegen!). Durch diese Kraftwirkung werden Kupfer-Atome aus ihrer Position verschoben. Wenn man die Kraft wegnimmt, schnellen die Teilchen alle in ihre Ausgangslage zurück: der Kupferstab hat wieder seine ursprüngliche Form. Das machen nicht nur die Metall-Teilchen in ihren Verbänden, sondern mehr oder weniger prinzipiell alle Teilchen. Deshalb biegt sich die Fernsehantenne, ein Baum und ein Grashalm im Wind, bei Sturm schwankt der Münchner Fernsehturm an der Spitze um 2 m hin und her: Die kleinsten Teilchen werden ausgelenkt und schnellen in ihre Ausgangslage zurück.

Man kann diese elastische Kraftwirkung der Teilchen untereinander aber blockieren. Nehmen wir an, zwei Kugeln seien durch ein Gummiband verbunden, so daß die eine an der anderen nach unten hängt. Durch behutsames Auf- und Abbewegen der oberen Kugel kann man die untere schwingend auf und ab tanzen lassen. Die beiden Kugeln sind elastisch gekoppelt, die untere Kugel reagiert auf kleine Kraftübertragungen von der oberen Hand. Wenn wir nun das Gummiband mit großer Kraft stark dehnen und ein Stöckchen zwischen die beiden Kugeln spreizen, dann ist es mit dem Tanzen der unteren Kugel vorbei. Das Gummiband ist kräftemäßig bereits so stark beansprucht, daß es auf die kleinen Kräfte der Handbewegung nicht mehr reagiert: Die Elastizität ist durch ein mäßiges Auslenken aus der Ruhelage nicht mehr gegeben.

So können wir uns dies auch in einem Kristall vorstellen. Je mehr die Bindekräfte "vorgespannt" sind, desto weniger wird der Kristall elastische Eigenschaften besitzen. Dieses "Vorspannen" ist immer dann gegeben, wenn viele Teilchen nicht exakt an den richtigen, ihnen angestammten Plätzen sitzen, sondern der Abstand zwischen zwei Nachbarn etwas zu weit ist. Das ist dann der Fall, wenn in einem Substitutionsmischkristall die zweite Teilchensorte etwas zu groß ist oder in einem Einlagerungsmischkristall die eingelagerten Teilchen für die Lücken etwas zu groß sind. Auch wenn viele kleine Kristalle aneinandergewachsen sind, verspannen sich die Teilchen an den Grenzen der kleinen Kristallite, den Korngrenzen.

Die elastische Eigenschaft hängt aber andererseits auch davon ab, ob die Teilchen überhaupt durch kleine Kräfte aus ihren Lagen bewegt werden können und nicht sofort weiter verschoben werden. Das Weiterverschieben ergibt eine plastische Verformung, wie z. B. beim Blei. Dieses Metall ist daher auch nicht sehr elastisch. Wenn man aber das Weiterschieben der Teilchen durch Einlagern von kleinen Teilchen in das Gitter mäßigt, also "Bremsklötze" in die Lücken einlegt, dann wird das Material elastischer, dafür weniger plastisch verformbar. Bei großen Mengen von Einlagerungen wird das Material spröde, die Teilchen des Gitters sind dann alle blockiert.

Allgemein können wir festhalten: Je verspannter die Teilchen untereinander sind, letzten Endes je unbeweglicher sie sind, desto härter und spröder wird ein Material. Spröde ist das Gegenteil von plastisch, hart das Gegenteil von weich, beide Begriffspaare sind nicht identisch.

Wenn ein Material nicht plastisch verformbar ist, dann zerbricht es bei einer Kraftwirkung, es "bröselt": Ein Stahl kann hart sein und ist doch gut verformbar, also plastisch, man kann ihn verbiegen, ohne daß er bröselt und bricht. Das kann man bei Gußeisen nicht: Ein Kanalrohr aus Gußeisen läßt sich mit einem großen Hammer, Kondition und Geduld vorausgesetzt, völlig zerbröseln.