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Chemie für Quereinsteiger - Band 2 - Strukturen der Metalle und Legierungen - Verknüpfung von Metall-Atomen gleicher Art
5.1.8 Zusammenhang zwischen beiden kubischen Gittern

Die beiden Gitter werden üblicherweise skizziert, wie es die Elementarzellen in Abbildung 5.19 zeigen. Über die drei folgenden wichtigen Sachverhalte informiert diese Darstellung allerdings nicht.


Abb. 3.13

Abbildung 5.19: Elementarzellen der beiden kubischen Packungen

1. Die Zellen sind nicht gleichgroß. Die flächenzentrierte Zelle besitzt die Kantenlänge des 2,82-fachen des Kugelradius, die raumzentrierte Zelle eine Kantenlänge von nur 2,30 Radiuslängen. Die Würfelkante der flächenzentrierten Zelle ist demnach um 22,6 %, also fast um 1/4 länger.

2. Die Gitter sind in der Bauweise sehr ähnlich, obwohl das der Gitterausschnitt nicht vermuten läßt. Um ein Gitter in das andere umzuwandeln, ist es keineswegs notwendig, Kugeln aus den Gitterausschnitten zu entfernen. Die Überführung der einen Anordnung in die andere kann durch eine kleine Lageveränderung der Kugeln erreicht werden.

3. Die beiden Elementarzellen sind so zueinander aufgestellt, daß die identischen Kugeln nicht erfaßt werden können. Die Quadratformation des flächenzentrierten Gitters entspricht nicht der Quadratformation des raumzentrierten Ausschnittes.

Um diese drei Punkte zu verdeutlichen, stellen wir die kubisch flächenzentrierte und die kubisch raumzentrierte Anordnung in zwei Beschreibungsweisen gegenüber (vgl. Abb. 5.20). Wir erinnern uns daran, daß das kubisch flächenzentrierte Gitter (1) auch als tetragonal raumzentriert (3) und das kubisch raumzentrierte Gitter (4) auch als tetragonal flächenzentriert beschrieben werden kann (2).

Zur Umwandlung der Gitter gehen wir vom kubisch flächenzentrierten Elementarwürfel aus (vgl. (5) in Abb. 5.20). Wir rücken lediglich die Kugeln der Quadratmaschen etwas auseinander. Die Grund- und Deckfläche der flächenzentrierten Zelle wird dadurch etwas vergrößert und dabei rutschen die Kugeln der darüberliegenden Schichten ein klein wenig in die größer gewordenen Lücken nach. Insofern ist die Zelle nicht mehr so hoch, sie ist nun tetragonal wie in (2) und stellt die kubisch raumzentrierte Anordnung dar.


Abb. 3.13

Abbildung 5.20: Umwandlung der kubisch dichtesten in die kubisch raumzentrierte Packung
(schwarze Vollkugeln in (1) bis (4) berühren sich)

Wir können die Umwandlung auch vom tetragonal raumzentrierten Ausschnitt der kubisch dichtesten Kugelpackung aus betrachten (vgl. (7) in Abb. 5.20). Beim Auseinanderrücken der Kugeln in den Quadratmaschen wird die tetragonal raumzentrierte Zelle niedriger und breiter, bis sie zum raumzentrierten Würfel geworden ist (8). Symbolisch läßt sich die Umwandlung durch die Änderung der Lage nur einer einzigen Quadratmaschenschicht ausdrücken (9). Um auf noch kürzerem Weg über die Art der kubischen Anordnung zu informieren, werden oft kleine Quadratsymbole benutzt (10).

Umwandlungen von einer kubischen Anordnung zur anderen werden tatsächlich bei Materialien beobachtet, das bekannteste Beispiel dafür ist Eisen. Welche Anordnung die Eisen-Atome bevorzugen, hängt von der Temperatur ab. Eisen besitzt bei Zimmertemperatur die Struktur des kubisch raumzentrierten Gitters. Auch bei einer Wärmezufuhr bis zur Temperatur von 906 °C bleibt die Struktur erhalten, die Eisen-Atome schwingen lediglich stärker (andere Tabellenwerte lauten auch 910 bzw. 928 °C). Führen wir allerdings dem Eisen bei 906c°C noch weiter Wärme zu, dann ändert sich die Struktur und die Atome werden zur kubisch dichtesten Kugelpackung umgruppiert. Dabei ändert sich die Temperatur von 906 °C nicht, die zugeführte Wärmeenergie wird zur Umgruppierung benötigt. Wird diese Energie wieder entzogen, so erfolgt die Rückumwandlung bei gleichbleibender Temperatur in das raumzentrierte Gitter. Dieser Wechsel verläuft völlig analog dem Schmelzvorgang. Übrigens schmilzt Eisen schließlich bei einer Temperatur von 1535 °C. Wir werden uns später mit diesen Erscheinungen noch eingehend befassen.

Soviel können wir aber schon festhalten: Eisen mit raumzentriertem Gitter stellt ein etwas anderes Material dar als das Eisen mit flächenzentrierter Anordnung: So läßt sich etwa rotglühendes Eisen flächenzentrierter Struktur leicht schmieden, es ist sehr duktil. Eisen von raumzentrierter Struktur ist dagegen nicht so gut schmiedbar.

Die Umwandlung zwischen beiden Eisenarten kann übrigens nur erfolgen, wenn die Bindungskräfte zwischen den Atomen der kleinen Quadratmaschen gelöst werden: so können die Atome auseinandergleiten. Sollte es gelingen, die Bindekräfte der Atome innerhalb der Quadratmaschenebenen zu verstärken, wird diese Umwandlung nicht mehr möglich sein.

Wir kommen später darauf zurück.